Schriftliche Anfrage eingereicht von Sarah Jermutus, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Antwort von Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg
Abt. Finanzen, Personal, Wirtschaft, Kultur, Diversity und Klima
Ihre Anfrage beantworte ich wie folgt:
1. Welche Auswirkungen hat die strukturelle Unterfinanzierung des Bezirks nach aktuellem Stand für den Haushalt 2026/27 im Kulturbereich, z.B.
a. bei den Volkshochschulen,
b. bei den Musikschulen,
c. bei bezirklichen Kultureinrichtungen,
d. bei der Kunst- und Kulturförderung,
e. bei den Bibliotheken?
Die Gesamthaushaltssituation im Amt für Weiterbildung und Kultur hat mit den aktuellen Planzahlen einen fatalen Stand erreicht, der zu drastischen Kürzungen in allen Bereichen des Amts und vor allem des Kultur- und Bildungsangebots im Bezirk führen wird:
– Das Amt hat in 2026 eine PMA von 240.000€ aufzulösen. Erfolgt das in der Musikschule, bedeutet das den Abbau von Musikunterricht im Umfang von ca. 10%, das entspricht ca. 3.400 Unterrichtsstunden, die Kündigung von Schüler*innenverträgen in Höhe dieses Stundenumfangs und die Beendigung von Honorarauftragsverhältnissen in diesem Umfang (5 – 10 Lehrkräfte werden nicht mehr in der MS unterrichten können. Ihre berufliche Existenz steht auf dem Spiel).
– WbiKu hat zusätzlich gestiegene Kosten in allen Sachmittelbereichen (Unterhaltskosten, Reparaturkosten, Reinigungskosten, Mietkosten, Anschaffungskosten etc.). Das kann nur durch Kürzungen im Angebot kompensiert werden.
– Die Erhöhungen von Honorarsätzen in der VHS und Musikschule (keine Abbildung im Bezirksplafond) führt zusätzlich zu drastischen Reduzierungen des Angebots und zu Beendigung von Honorarvertragsverhältnissen mit Honorarkräften in beiden Fachbereichen.
– Erhöhung des Mindestlohns (Aufsichtskräfte Museum und kommunale Galerien) führen zur Reduzierung der Öffnungszeiten und des Angebots.
– Streichungen und Einsparungen im Haushalt von SenKult GZ bei Förderfonds führen zu reduzierten Veranstaltungs-, Kurs-, Unterrichts- und Ausstattungsbudgets in allen Fachbereichen des Amts für Weiterbildung und Kultur sowie zu geringeren Budgets im Bereich der Förderung durch den Bezirk.
a.) Bei den Volkshochschulen
Landesweit geltende Honorarerhöhungen der Honorarkräfte sind im Bezirksplafonds grundsätzlich und systematisch nicht enthalten. Das Angebot reduziert sich trotz erhöhter Entgelte entsprechend. Eine regelmäßige Erhöhung der Entgelte im Turnus der Honorarerhöhungen nach der AV Honorare zur (Teil-)Kompensation der Mehrkosten ist weder erwünscht noch umsetzbar. Insofern werden weitere Einsparungen beim Angebot die Folge sein.
Erhöhte Kosten durch Mietanpassungen (Frankfurter Allee) führen außerdem zu Reduzierungen in der Angebotsstruktur.
b.) Bei den Musikschulen
Landesweit geltende Honorarerhöhungen der Honorarkräfte sind im Bezirksplafonds grundsätzlich und systematisch nicht erhalten. Das Angebot reduziert sich zusätzlich zu den durch die PMA bedingten Einsparungen.
c.) Bei bezirklichen Kultureinrichtungen
Mindestlohnanpassungen (hiervon betroffen Aufsichtskräfte in Museen und den kommunalen Galerien) sind nicht im Bezirksplafond enthalten. Gleichzeitig kommt auch in diesem Feld der Fachkräftemangel zum Tragen, was die Akquise und Pflege des Personals teurer und aufwändiger macht. Die Öffnungszeiten der Kultureinrichtungen müssen reduziert werden.
d.) Bei der Kunst- und Kulturförderung
Defacto Reduzierung bei stagnierenden Budgets aufgrund allgemeiner Kostensteigerungen.
e.) Bei den Bibliotheken
Der Richtwert des Medienetats von 1,50€ pro Einwohner*in wird erneut nicht erreicht. Das Angebot an Tageszeitungsabonnements (Druckversionen) muss reduziert werden.
In Kapitel 3640 Titel 52306 konnten lediglich 410.000€ eingestellt werden.
2. Welche Konsequenzen haben die jeweiligen Mittelansätze für die Menschen im Bezirk? Welche Angebote/Maßnahmen/Projekte müssen dadurch gestrichen oder eingeschränkt werden?
Die Öffnungszeiten der Kultureinrichtungen werden reduziert. Die Anzahl der Ausstellungen pro Jahr in den kommunalen Galerien wird reduziert. Die Angebote im Bibliotheksbereich werden geringer ausfallen und das Medienangebot verschlechtert sich. Das Kursangebot in der VHS sowie das Unterrichtsangebot in der Musikschule wird aufgrund steigender Honorarsätze und stagnierender Budgets geringer ausfallen.
3. In welchen Bereichen werden, zusätzlich zum Bezirkshaushalt, Mittel, die aus dem Haushalt der Senatsverwaltung in den letzten Jahren für bezirkliche Aufgaben bereitgestellt wurden, gekürzt oder gestrichen?
Mittelreduzierungen in allen Kulturförderprogrammen des Landes, die im Bezirk umgesetzt werden, führen zu reduzierten Mitteln im Bereich der Vergabemöglichkeiten durch den Bezirk. Die Kürzungen um insgesamt 25 Prozent der für die bezirkliche Kultur zur Verfügung stehenden Mittel betreffen vor allem Ausstellungshonorare für Künstler*innen sowie den Projektfonds kulturelle Bildung. Gleichzeitig steigt die Nachfrage nach bezirklicher Förderung und bezirklichen Aufführungs- und Ausstellungsmöglichkeiten erheblich, da durch die umfassenden Kürzungen im Landeshalshalt bestehende Spielräume kleiner werden und/oder wegfallen. Die kulturelle Infrastruktur des Bezirks steht aktuell durch Kostensteigerungen, Verdrängung und direkte Kürzungen auf Landesebene sowie im Bezirkshaushalt zur Disposition.
Der Bereich, für den Friedrichshain-Kreuzberg bekannt ist und der wesentlich den besonderen Charakter dieses Bezirks prägt, nämlich seine kulturelle Vielfalt, wird mit den aktuell vorliegenden Zahlen zum Landes- und Bezirkshaushalt so stark beschnitten, dass er irreparablen Schaden nehmen wird, sollte nicht ein deutliches Umlenken auf Landes- und Bezirksebene politisch erwirkt werden. Das betrifft auch die soziale Lage der Künstler*innen und Kreativarbeiter*innen, von denen überdurchschnittlich viele in Friedrichshain-Kreuzberg leben. Deren ohnehin prekären Beschäftigungsverhältnissen wird durch die Kürzungen insbesondere im Bereich der Freien Szene die Existenzgrundlage entzogen, was in Kombination mit den allgemeinen Steigerungen der Lebenskosten und insbesondere mit den Entwicklungen auf dem Wohnungsmarkt den besonderen Charakter dieses Bezirks akut bedroht.
Mit freundlichen Grüßen
Clara Herrmann
Bezirksbürgermeisterin