Schriftliche Anfrage eingereicht von Sarah Jermutus, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen am 24.07.2024
Antwort von: Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg Abt. Bauen, Planen, Kooperative Stadtentwicklung am 09.09.2024
Ihre Anfrage beantworte ich wie folgt:
1. Wie bewertet das Bezirksamt das laut Bauantragsliste vom 24.06.2024 geplante Vorhaben „Laskerstr. 1 Umnutzung von Büronutzung zu einer Beherbergungsstätte“?
Bei dem benannten Vorgang handelt sich um einen Antrag auf Bauvorbescheid. Antragsgegenstand war die Beantwortung von insgesamt sechs Fragen zu dem geplanten Vorhaben, welche mittels Vorbescheid Nr. 2024 / 1552 vom 06.08.2024 erfolgt ist. Da das beantragte Vorhaben in einem unbeplanten Innenbereich liegt und sich die nähere Umgebung nicht eindeutig einem Baugebiet der Baunutzungsverordnung (BauNVO) zuordnen lässt, erfolgte die planungsrechtliche Beurteilung auf Grundlage von § 34 Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB). Die erste Frage des Antrags adressiert die Zulässigkeit der geplanten Art der baulichen Nutzung „Beherbergung“ unter der Maßgabe, dass unter Wahrung der gesunden Wohn- und Arbeitsverhältnisse auch die Rücksichtnahme gegenüber umliegenden emittierenden Nutzungen gewährleistet ist. Die Frage wurde vom Fachbereich Stadtplanung negativ beurteilt, da für die abgefragte Nutzung in der maßgeblichen näheren Umgebung kein Vorbild besteht und sich das Vorhaben nach der Art der baulichen Nutzung daher nicht einfügt. Weitergehend spricht gegen die beantragte Nutzungsart, dass es sich um eine gegenüber den vorhandenen gewerblichen Nutzungen in der Umgebung schutzbedürftige Nutzung handelt. Insbesondere für die Nachtzeit wären Nutzungskonflikte daher nicht auszuschließen. Außerdem könnte das Vorhaben im Sinne einer negativen Vorbildwirkung das städtebauliche Gefüge in Bewegung bringen. Auch wenn das Vorhaben selbst noch keine bewältigungsbedürftigen Spannungen auslösen würde, wären durch die folgende Zulässigkeit weiterer Nutzungen im Sinne eines Beherbergungsbetriebes, Nutzungskonflikte zu erwarten. Das Vorhaben wäre danach geeignet, eine Verschlechterung der gegenwärtigen städtebaulichen Situation nach sich zu ziehen.
Das Vorhaben ist hinsichtlich der geplanten Nutzungsart „Beherbergung“ planungsrechtlich unzulässig.
Die weiteren Fragen des Antrags beziehen sich auf die Zulässigkeit des geplanten Maßes der baulichen Nutzung (Fragen 2-4), der Bauweise (Frage 5) und der Grundstücksfläche die überbaut werden soll (Frage 6). Diese Fragen wurden alle positiv beurteilt. Abgesehen von der geplanten Nutzungsart ist der beantragte Baukörper somit gem. § 34 Abs. 1 BauGB zulässig.
2. Welche Möglichkeiten gibt es für den Bezirk weitere Hotelbauten zu versagen?
Im Folgenden werden die Rahmenbedingungen zu der planungsrechtlichen Beurteilung von Vorhaben und hierbei insbesondere Betrieben des Beherbergungsgewerbes dargestellt. Auf dieser Grundlage erfolgt eine Bewertung der planungsrechtlichen Möglichkeiten zur Beeinflussung der Errichtung weiterer Hotels und Ferienwohnungen. Vorhaben des Beherbergungsgewerbes und deren Zulässigkeit nach Baugebieten
Das Planungsrecht unterscheidet Vorhaben des Beherbergungsgewerbes nach Beherbergungsbetrieben, Ferienwohnungen und Gewerbe aller Art. Der Begriff des Beherbergungsbetriebes erfasst Betriebsformen wie beispielsweise Hotels, Pensionen, Boardinghouses und bestimmte Formen von Jugendherbergen. Ferienwohnungen werden gemäß § 13 a BauNVO in der Regel zu den nicht störenden Gewerbebetrieben in verschiedenen Baugebieten der BauNVO gezählt. In Gewerbegebieten sind Beherbergungsbetriebe im Begriff der Gewerbebetriebe aller Art enthalten. Die Zuordnung eines Vorhabens zu einer der Nutzungskategorien erfolgt anhand seiner konkreten Ausformung.
Die Beurteilung der Zulässigkeit der entsprechenden Betriebe in einem Baugebiet erfolgt anhand der Bestimmungen der BauNVO bzw. der BO 58 im Geltungsbereich des Baunutzungsplans. Je nach Baugebiet können Vorhaben unzulässig, allgemein zulässig oder ausnahmsweise zulässig sein. Betriebe des Beherbergungsgewerbes sind in den für den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg relevanten Baugebieten (allgemeinen Wohngebieten, Mischgebieten, Kerngebieten, Gewerbegebieten) in der Regel allgemein oder ausnahmsweise zulässig. So sind Beherbergungsbetriebe sowie Ferienwohnungen in allgemeinen Wohngebieten in der Regel ausnahmsweise zulässig, während sie in Misch- oder Kerngebieten allgemein zulässig sind.
Zulässigkeit von Vorhaben des Beherbergungsgewerbes im unbeplanten Innenbereich:
Im unbeplanten Innenbereich ergibt sich die Zulässigkeit der Vorhaben gem. § 34 BauGB aus der Eigenart der näheren Umgebung. Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete der BauNVO, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es in dem Baugebiet zulässig wäre. Ob ein Vorhaben ausnahmsweise zugelassen werden kann, liegt im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Genehmigungsbehörde. Ein Vorhaben des Beherbergungsgewerbes kann ausnahmsweise nicht zugelassen werden, wenn es ein erhöhtes Störpotential gegenüber der Umgebung aufweist. Das ist in der Regel z.B. im Allgemeinen Wohngebiet der Fall, wenn der Betrieb nur durch einen ruhigen Innenhof erschlossen ist. Andernfalls ist das Vorhaben planungsrechtlich zulässig und es besteht ein Genehmigungsanspruch.
Zulässigkeit von Vorhaben des Beherbergungsgewerbes im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes:
Im Geltungsbereich eines rechtskräftigen Bebauungsplanes ergibt sich die Zulässigkeit der Vorhaben aus den getroffenen Festsetzungen. Gemäß § 31 Abs. 1 BauGB können von den Festsetzungen des Bebauungsplans solche Ausnahmen zugelassen werden, die im Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind. Ein Vorhaben ist nicht ausnahmefähig, wenn es gegen planungsrechtliche Vorschriften verstößt, insbesondere wenn es nach § 15 Abs. 1 BauNVO unzulässig ist. Andernfalls ist das Vorhaben planungsrechtlich zulässig und es besteht ein Genehmigungsanspruch.
Die Aufstellung von Bauleitplänen folgt dem Grundsatz der Erforderlichkeit. Eine Planung, die nur dem Ausschluss einzelner Vorhaben bzw. Nutzungen dient, stellt eine unzulässige Verhinderungs- oder Negativplanung dar. Ein Ausschluss von Nutzungen des Beherbergungsgewerbes über Bebauungspläne könnte somit nur erfolgen, wenn damit ein (positives) Planungsziel verbunden ist. So soll bspw. im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens 2-56b zur Sicherung eines Standortes für produzierendes und lärmintensives Gewerbe der Ausschluss von Beherbergungsbetrieben geprüft werden, da der Standort der Sicherung und Weiterentwicklung des störenden Gewerbes dienen soll. Dies soll erfolgen, um mögliche Einschränkungen der beabsichtigten Nutzungen durch die unmittelbare Nähe zu einem Beherbergungsbetrieb auszuschließen.
Allgemeine Voraussetzungen für die Zulässigkeit baulicher Anlagen gemäß § 15 BauNVO:
Gemäß § 15 Abs. 1 BauNVO sind Vorhaben im Einzelfall unzulässig, wenn Sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebietes widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden. Ob eine Belästigung oder Störung vorliegt, ist anhand der Ausformung des konkreten Vorhabens im Bezug zum Baugebiet zu ermitteln. Wann eine unzulässige Häufung von Betrieben des Beherbergungsgewerbes eintritt, ist anhand der bestehenden Nutzungen im direkten Umfeld des Vorhabens zu ermitteln. Eine Steuerung der Ansiedlung von Betrieben des Beherbergungsgewerbes ist nicht im Sinne dieser Regelung.
Erhaltungsrecht gem. § 172 BauGB und Zweckentfremdungsverbotsverordnung:
Die Umwandlung von Wohnen in Beherbergung ist unzulässig.
Zusammenfassung:
Das Planungsrecht lässt eine Versagung der Errichtung von Hotels und Ferienwohnungen in einem begrenzten Umfang zu. Im Rahmen der dargestellten rechtlichen und vorhabenbezogenen Voraussetzungen besteht ein Genehmigungsanspruch für entsprechende Betriebe. Im Einzelfall lassen sich Vorhaben planungsrechtlich versagen, falls diese negativen Auswirkungen auf ihr direktes Umfeld befürchten lassen. Eine generelle Verhinderung der Ansiedlung von Betrieben des Beherbergungsgewerbes im Rahmen der Bauleitplanung kann nur anhand darüber hinaus gehender (positiver) Planungsziele und für räumlich begrenzte Bereiche erfolgen.
Die Zweckentfremdung wäre ausschließlich involviert, wenn bestehender Wohnraum vernichtet wird/wurde. Wenn also Wohnraum abgerissen werden soll, um Platz für einen Hotelbau zu schaffen, würde zweckentfremdungsrechtlich die Abrissgenehmigung verweigert werden. Dies allerdings auch nur, wenn kein angemessener Ersatzwohnraum für den bestehenden Wohnraum angeboten wird.
3. Wie bewertet das Bezirksamt grundsätzlich den Bau weiterer Hotels und Hostels in Friedrichshain-Kreuzberg?
Das Bezirksamt entscheidet im Rahmen der geltenden gesetzlichen Normen über die Zulässigkeit von Vorhaben. Generell gilt: entspricht ein Vorhaben den öffentlich-rechtlichen Vorschriften, ist dieses zu genehmigen. Der Vorhabenträger hat in diesem Fall einen einklagbaren Anspruch auf dessen Genehmigung. Stadtentwicklungspolitisch bewertet das Bezirksamt Hotelbauten in der Tendenz kritisch, da sie oft zur Touristifizierung beitragen, der einige Kieze ausgesetzt sind. Derzeit stehen jedoch keine geeigneten rechtlichen Instrumente zur Verfügung, um betroffene Kieze ausreichend schützen zu können. Daher begrüßt es das Bezirksamt, wenn in bestimmten Fällen die BVV und die Zivilgesellschaft Hotelbauvorhaben kritisch diskutieren und begleiten.
Mit freundlichen Grüßen
Florian Schmidt
Bezirksstadtrat