Mündliche Anfrage gestellt von Sarah Jermutus, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur BVV am 25. Juni 2025
Ich frage das Bezirksamt:
- Aus welchem Grund gibt es in Friedrichshain-Kreuzberg eine Aktionswoche zum Internationalen Vatertag mit gezielten Angeboten für Väter und ihre Kinder, während zum Internationalen Muttertag kein vergleichbares Angebot gemacht wird?
- Wie stellt das Bezirksamt sicher, dass durch solche einseitigen Angebote keine stereotypischen Rollenzuschreibungen, wie Mütter als selbstverständlich zuständig und Väter als ausnahmsweise verantwortlich, zementiert werden?
- Wie verhindert das Bezirksamt, dass eine solche Aktionswoche letztlich bestehende Ungleichgewichte verstärkt, anstatt einen Beitrag zu echter Gleichstellung in Familie und Gesellschaft zu leisten?
Es antwortet Max Kindler, Bezirksstadtrat, Abt. Jugend, Familie und Gesundheit
zu 1. Aus welchem Grund gibt es in Friedrichshain-Kreuzberg eine Aktionswoche zum Internationalen Vatertag mit gezielten Angeboten für Väter und ihre Kinder, während zum Internationalen Muttertag kein vergleichbares Angebot gemacht wird?
Seit 2014 finden im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg Aktionen zum internationalen Vatertag statt. Der Vatertag wurde in den USA vor 100 Jahren aus der Taufe gehoben und ist dort seit 1974 ein offizieller Feiertag. Er wird in über 30 Ländern immer am 3. Sonntag im Juni gefeiert.
Die AG ‚Zusammenarbeit mit Vätern‘ griff das Thema auf und koordinierte zunächst einen Aktionstag. In den letzten Jahren eine Aktionswoche, an der sich eine Vielzahl von Familienzentren und Projekten der Familienförderung beteiligten. Die Schirmherrschaft trug zum Beginn die damalige Bezirksbürgermeisterin und Jugendstadträtin Monika Herrmann. Im letzten Jahr, zum 10jährigen Jubiläum hatte ich als Bezirksstadtrat die Schirmherrschaft inne.
Die Aktionswoche zum internationalen Vatertag ist ein ergänzendes freiwilliges Angebot, das Vätern und ihren Kindern gemeinsame Erlebnisse ermöglichen soll. Ziel ist es, Väter in ihrer Rolle zu stärken. Nicht, um andere Elternteile in den Hintergrund zu drängen, sondern um Beteiligung dort zu fördern, wo sie bislang seltener sichtbar waren.
Dass es kein vergleichbares Angebot zum Muttertag gibt, liegt nicht an mangelnder Wertschätzung, im Gegenteil: Die Rolle von Müttern ist in unserer Gesellschaft tief verankert und verdient größten Respekt, nicht nur symbolisch, sondern auch im Alltag. Entscheidend ist jedoch auch, es handelt sich um ein Angebot, nicht um ein Erziehungsprogramm. Jede Familie soll frei entscheiden können, wie sie ihr Leben gestaltet. Der Staat sollte keine Rollenvorgaben geben, sondern für verlässliche Rahmenbedingungen sorgen.
zu 2. Wie stellt das Bezirksamt sicher, dass durch solche einseitigen Angebote keine stereotypischen Rollenzuschreibungen, wie Mütter als selbstverständlich zuständig und Väter als ausnahmsweise verantwortlich, zementiert werden?
Die Aktion zum internationalen Vatertag sind explizit als Gegenentwurf zum traditionellen Vatertag gedacht. Wir achten darauf, dass Angebote keine Rollenbilder zementieren, sondern Raum für verschiedene Perspektiven und Verantwortung schaffen. Die Ansprache von Vätern soll gerade nicht den Eindruck erwecken, dass ihre Beteiligung etwas Besonderes oder Ungewöhnliches sei. Vielmehr geht es darum, sie als selbstverständlichen Teil des familiären Alltags sichtbarer zu machen.
Das aktuelle Programm der Aktionswoche zeigt dies sehr deutlich. Im Programm finden sich zum einen verschiedenste Angebote für Väter und Kinder, zu denen auch alle anderen an der Erziehung beteiligten Personen eingeladen sind, aber auch Gesprächsangebote, die zur Diskussion von Rollenbildern und zur Reflexion des Vaterseins einladen.
Die Aktionswoche zum internationalen Vatertag schafft u.a. die Möglichkeit, tradierte Geschlechterrollen, zum Beispiel im Bereich der Sorgearbeit aufzubrechen und Väter in ihrer aktiven Elternrolle sichtbarer zu machen. Damit leistet sie einen Beitrag dazu, Mütter aus der oft doch bestehenden Erwartung herauszuholen, in erster Linie für Sorgearbeit verantwortlich zu sein.
Gleichzeitig ist es wichtig, dass wir bewährte familiäre Strukturen nicht künstlich in Frage stellen. Viele Familien entscheiden sich aus Überzeugung für eine bestimmte Rollenverteilung.
zu 3. Wie verhindert das Bezirksamt, dass eine solche Aktionswoche letztlich bestehende Ungleichgewichte verstärkt, anstatt einen Beitrag zu echter Gleichstellung in Familie und Gesellschaft zu leisten?
Die Angebote der Familienförderung in Friedrichshain-Kreuzberg richten sich an alle schon oder noch werdenden Familien und Eltern. Die Aktionswoche verfolgt nicht das Ziel, um Gleichheit zu verstärken, sondern neue Zugänge zu ermöglichen. Wer echte Wahlfreiheit will, muss sicherstellen, dass alle Elternteile sich angesprochen fühlen und mitgedacht werden.
Wichtig ist aber auch: Gleichstellung bedeutet nicht Gleichmacherei, es geht nicht darum, familiäre Realität zu normieren, sondern Eltern in ihrer Verantwortung zu unterstützen. Wir sollten keine Lebensentwürfe bewerten, sondern Rahmenbedingungen schaffen, die Familienstabilität und Freiheit ermöglichen. Vielen Dank.
Frau Jermutus: Inwiefern werden denn auch Regenbogenfamilien, Alleinerziehende oder Patchworkfamilien-Konstellationen in den Angeboten zur Aktionswoche mitgedacht?
zu Nachfrage 1: Da empfehle ich Ihnen eine Sicht auf die Pressemitteilung, die wir rausgegeben haben zu der Aktionswoche. Da finden sich wirklich diverse Angebote, auch dargestellt, was dort alles gemacht wird, und ich kann sagen, das ist wirklich ein Angebot, was vielschichtige Angebote auch macht. Wie gesagt, am Ende auch freiwillige Angebote und da sind wir als ein Bezirk, glaube ich keiner, der sich verstecken muss und da nicht auch in den Familienzentren Angebote zu machen für alle Familienformen, die wir hier im Bezirk haben.